Wann hattet ihr das letzte mal absolut keine Verpflichtungen? Keine Miete, keinen Job, (fast) keine Rechnungen? So viel Zeit, dass ihr plötzlich gemerkt habt, wie ihr einen kompletten Gang runterschaltet?
Das Gefühl, genau dahin fahren zu können, wo ihr wollt und genau so lange zu bleiben, wie es euch gefällt? Seit dem 17. April sind wir in dieser luxuriösen Situation.
(Gut, wenn man die paar laufenden Kosten daheim und die Autoversicherung hier kurz außer Acht lässt.)
Zugegeben mussten wir uns erstmal an diese Freiheit gewöhnen. Gerade, wenn man die Monate vorher in einer Millionenmetropole gelebt und gearbeitet hat. Die gemeinsame freie Zeit wurde mit Erledigungen und Bucket-List-To Dos gefüllt, meist waren wir auf Achse, immer ein Hauch FOMO in der Melbourne-Atmosphäre. (FOMO = Millennial-Slang und aktuell stark vorhandenes Phänomen, kurz für Fear Of Missing Out, also die Angst, egal was man gerade macht oder wo man gerade ist, etwas noch besseres zu verpassen.)
Lola kurz vor Abfahrt: von außen und von innen. Mittlerweile hat sich einiges getan....
Nach einigen traurigen Abschieden und vielen damit verbundenen „letzten Malen“ haben wir Melbourne am Mittwoch vor Ostern ziemlich schweren Herzens verlassen, um erstmal in Richtung Westen zu starten.
Mauro kocht Puttanesca für's Vanlife vor - in Massen! // Abschiedsparty im Ponyfish
Unseren groben Plan, erst ganz ans westlichste Ende der Great Ocean Road durchzufahren und diese dann „von hinten“ aufzurollen um die Oster-Touristen aus Melbourne zu vermeiden, warfen wirwie sich das gehört bereits direkt nach Abfahrt über den Haufen:
Mittwoch, 17. April - Melbourne -> Beauchamp Falls
Da es keine nahe gelegenen kostenfreien Campsites an der Küste gab, steuerten wir einfach mal den Wald an und parkten nach regnerischen zwei Stunden den Van auf einer kleinen Campsite im Beech Forest, einen kurzen Spaziergang von den Beauchamp Falls entfernt. Kein bisschen Handy-Empfang, riesige Farns und Bäume, die kaum Sonne für unser Solarpanel durchließen… und da es sehr früh dunkel und kalt wurde, war unser erster „Vanlife“-Tag um zehn Uhr abends nach Gitarre spielen und Kochen schon zu Ende.
Kollektives auf-den-Wasserfall-starren. Und Mauro starrt auf seinen Kaffee.
Donnerstag, 18. April, Beauchamp Falls -> Stevenson Falls
Mit der Absicht, uns die anderen Wasserfälle und die wohl deutlich größere und schönere Campsite „mal anzuschauen“, fuhren wir durch abenteuerliche Waldwege weiter und fanden am späten Nachmittag schon kaum mehr einen schönen Platz in Stevenson Falls. Der Einladung eines netten Aussies folgend, stellten wir uns schließlich bei ihm mit auf die Campsite. Das sollte sich als eine der besten Entscheidungen erweisen! Mit Leigh und seiner Frau Zoe, deren besten Freunden Richard und Cyn, deren Kids und noch weiteren drei jungen Pärchen aus Melbourne verbrachten wir dann unerwartet das ganze Osterwochenende. Einerseits, weil wir uns alle super verstanden, andererseits, weil wir wahrscheinlich nirgendwo sonst einen so guten legalen Schlafplatz mehr gefunden hätten.
Ostersamstag ging es an den Strand, Speerfischen - Mauro hat einen wunderschönen, kunterbunten und giftigen Fisch gefangen - und abends gemeinsam grillen, Flunkyball spielen und Feuerholz aus dem Wald einsammeln.
Steph hat einen essbaren Fisch gefangen. Mauro nicht. Dafür kriegt er jetzt Zöpfe.
Sonntag, 21. April, Stevenson Falls -> Plantation Grampians Und um weiter von unserem Plan abzuweichen, machten wir uns Ostersonntag entspannt auf den Weg in Richtung der Grampians, einem sanften Sandstein-Gebirge und Nationalpark. Dieser liegt noch nördlicher im Inland und beherbergt viele Kängurus, Papageien und kostenlose Campsites. Außerdem eine ganze Armada von Wanderwegen und Wasserfällen, Aussichtspunkten und anderen Campern. Wobei die alle Ostermontag nach Hause fuhren und wir plötzlich die komplette Campsite für uns hatten!
Um das mal kurz zu beschreiben: Kostenlose Campsites hier sind nicht mit deutschen Campingplätzen zu vergleichen. Meist sind die einzelnen „Stellplätze“ mit einfach Holzpflöcken grob abgesteckt, es gibt ein paar wenige Plumpsklos, manchmal gesammeltes Bach- oder Regenwasser, welches man in besonders luxuriösen Sites in eine Art Eimerdusche füllen kann. Seinen Müll hat man gefälligst wieder mitzunehmen und Feuer nur mit eigenem Feuerholz in den ausgewiesenen Stellen zu machen, sonst drohen Strafen von ca 600$- 800$.
Unsere Lola im Dschungel. Mauro im absoluten Camping-Modus - unten links mit neuen Tattoos!
Dienstag, 23. April. Plantation Grampians -> Port Campbell
Nachdem sich unser Schlafrhythmus hier eh schon komplett von Gastro-Vampiren zu Morgenmenschen umgestellt hat, standen wir schon vor Sonnenaufgang auf und fuhren in Schleichtempo die dunkle Kiesstraße rein in Richtung Grampians. So süß und lustig Kängurus nämlich sind, so fatal kann ein nächtlicher Zusammenstoß mit ihnen enden, für Auto und Insassen. Und aus irgendeinem Grund finden sie es ganz besonders spannend, auf ein Auto zu „warten“ und dann direkt davor über die Straße zu hüpfen, meist gefolgt von einem weiteren Artgenossen. Jeder Australier rät einem also zuallererst, zwischen Sonnenunter- und -Aufgang keine unbefestigten Straßen zu befahren.
Haben wir ja schonmal super umgesetzt! Passiert ist trotz einigen Begegnungen nichts, und wir kamen nach einem kurzen Spaziergang gerade noch rechtzeitig zum Sonnenaufgang beim ersten Lookout an. Danach direkt noch eine Morgenwanderung drangehängt - um 9 Uhr früh, das hätte ich noch vor Kurzem auch nicht gedacht - und dann endlich ab Richtung Küste, Port Campbell hatten wir uns einfach mal rausgepickt.
Sonnenaufgang in den Grampians. Sternenhimmel am Abend davor, und mobiles Frühstück danach ;)
Die Great Ocean Road an sich packe ich in einen separaten Beitrag, um hier ein bisschen Ordnung reinzubringen.
Comments