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  • AutorenbildVera Sindaco

Grosse Anschaffungen und Umzug Nummer 3.

Aktualisiert: 10. Apr. 2019

Ich nehme mir Zeit. Extrem viel Zeit. Meine Blogartikel sind auch Dokumentation für mich selber, Zeit zum reflektieren, Fotos durchschauen, bearbeiten und präsentieren. Zeit, um alle Ereignisse zu ordnen und dann möglichst kurzweilig und amüsant zusammenzufassen, korrekt zu formulieren und trotzdem nicht zu ausschweifend zu werden. Das mal vorweg. Diese fast schon meditative Aktivität dauert oft Stunden, ich bin währenddessen extrem unsozial und starre immer wieder abwesend - manche würden vielleicht "dümmlich" sagen - in die Luft.

Nicht gerade der ideale Zeitvertreib, wenn man mitten auf einer der besten und beliebtesten "Partymeilen" wohnt, mit viel Ablenkung, unzähligen hippen Restaurants und Bars, einem übersprudelnden Mitbewohner und wieder ziemlich viel Arbeit.

Unser "leichtes Gepäck" ist etwas explodiert. // Alte und neue Nachbarschaft.


Warum "wieder"? Tja, seit dem letzten Eintrag ist natürlich - wie sollte es anders sein - einiges passiert. Dazu muss ich ein wenig ausholen.

Zu allererst hat Mauro leider seinen Movida-Job verloren. "Leider" aber eigentlich nur wegen des guten Trinkgelds dort. Sie wüssten nicht, wie sie weiter mit ihm planen können, war die offizielle Aussage. Mauro ist sich aber relativ sicher, dass sein Service und seine ganze Art für den Laden einfach mal wieder einen Tick zu léger und familiär war, und er oft zu offen heraus gesagt hat, was ihn stört. Und da gab es trotz Hochkaliber- Weinschulungen und absolut fein abgestimmter Küche, top professionellem Service und einem nahezu perfekten Gesamteindruck trotzdem noch einiges. Anscheinend auf beiden Seiten.

Long story short: nach ein paar anstrengenden Tagen und einer wenig erfolgreichen, dafür aber sehr lustigen Bartour zum Lebenslauf-Verteilen hatte er durch glückliches Networking schon wieder einen Job an der Angel. Eigentlich sogar zwei. Einmal im Two Wrongs, einer Cocktailbar hier auf der Chapel Street, und zum anderen tatsächlich in der Speakeasy-Bar im Espy (siehe letzter Blogeintrag), "The Ghost of Alfred Felton". Er entschied sich für die erste Variante, die etwas tiefer in seiner Komfortzone liegt, um für die letzte kurze Zeit in Melbourne einfach noch Spaß zu haben und gut Geld mit coolen, entspannten Kollegen ansparen zu können.

Unser Wohnzimmer // Prahran Farmers Market


Wir haben uns nämlich endlich entschieden, wann wir genau weiterziehen wollen! Unsere Miete in dem gemütlichen Haus mit nur einem Mitbewohner, der oft unterwegs ist, haben wir bis zum 17. April verlängert und danach sind wir praktisch obdachlos. Abgesehen natürlich von unserer wunderbaren großen neuen Anschaffung: Ladies and Gentleman, LOLA! Lola ist ein 2001 Toyota Hiace Longwheel-Base Campervan, weiß und von außen schon ein bisschen mitgenommen, innen dafür wie ein roher Diamant.

Nachdem wir uns die vorhergehenden Wochen durch unzählige Facebook- und Gumtree-Posts geklickt, unser Budget kalkuliert und eine "Must-Have"-Liste im Kopf angelegt hatten, war es bei Lola und uns praktisch Liebe auf den ersten Blick. Sie war der dritte Van, den wir uns live angeschaut haben, rein durch Zufall, und eigentlich deutlich über unserem sorgfältig kalkulierten Budget. (Mit "sorgfältig kalkuliert" meine ich tatsächlich einfach bis auf den letzten Cent alles, was auf unserem australischen Sparbuch lag....)

Da sie die letzten 8 Monate von drei netten deutschen Jungs bewohnt wurde, war sie anfangs eher sporadisch-funktional ausgestattet. Bett, dünne Matratze und ganz viel Schoko-Cornflakes in der Küchenzeile. Mechanisch aber top, relativ wenige Kilometer auf dem Buckel - "wenig" ist hier alles unter 300.000km... Theoretisch wäre Lola direkt bereit zum Losfahren, aber wir wollten sie natürlich noch ein wenig aufhübschen und praktischer machen, zum Beispiel eine neue Matratze organisieren, bei der man nicht nochmal 10 cm auf den harten Holzboden absinkt, und andere "Nichtigkeiten". Mauro möchte unbedingt Pflanzen. Und Kräuter. Ich bin mir da nicht so sicher, immerhin überleben die schon in unserer Wohnung kaum.

Erstes Werkeln im Innenraum.

Erste Spritztour. // Schon gemütlicher. //

Seitdem pendeln wir also zwischen Arbeit, Wohnung, Baumarkt und Super-günstigem-Krusch-und Campingstore ("Kmart") hin und her, und krabbeln ansonsten auf oder in unserem Van herum. Der Idealfall wäre natürlich, Lola in Cairns oder besser Perth für mindestens unseren Kaufpreis wieder zu verkaufen, weshalb wir jetzt umso mehr Liebe zum Detail und Arbeit reinstecken:

Dicke Queensize-Matratze von unseren ersten Housemates abgekauft, das Solarpanel auf's Dach geschraubt, einen kleinen ausklappbaren Tisch gebaut und montiert, mit Marmorlook-Folie beklebt. Die kleine Küchenzeile hinten umgebaut, praktischer angeordnet, mit Tafel- und Marmorfolie verschönert. Holzverkleidung an die eine Seite der Innenwand, neue weiße Farbe auf die andere, diverse Aufbewahrungsmöglichkeiten und Lichterketten...

Fertig sind wir noch lange nicht, aber jetzt schon unglaublich stolz auf Lola, die übrigens ganz umweltbewusst Minikühlschrank und diverse Geräte mit Solarstrom betreibt und sowohl auf Benzin als auch Autogas fährt- und das mit Automatik.

Wir hatten echt verdammt Glück mit unserem aktuellen Häuschen, wo wir Lola bequem mit Parking Permit auf der Straße abstellen können, parken ist hier nämlich -Überraschung- ansonsten unglaublich nervig und schwer, wie in den meisten Großstädten. Dass ein IKEA aber absolut keinen Parkplatz für Fahrzeuge über 2,10m Höhe hat, ist schon extrem ungewöhnlich und auch ein wenig gefährlich. Ich sag nur gerade noch rechtzeitig abgebremst und Rückwärtsgang rein...


Besagtes Permit haben wir von unserem leicht verrückten Mitbewohner Max, einem laut eigener Aussage "weird goth with ADHD and addiction to red bull". (Anm.: Er sollte definitiv weniger Red Bull trinken, was aber leider das einzige in seinem Kühlschrank ist.)

Unter der Woche macht er rund um Melbourne professionelle Fotos in allen möglichen Restaurants und Cafes für den Lieferdienst "Uber Eats", das ist so sein Taschengeld. Seinen Lebensunterhalt verdient er damit, Musiker und Bands auf Tour zu begleiten oder Fotoshootings mit ihnen zu organisieren und durchzuführen. Darunter auch Taylor Swift, Katy Perry, Sam Smith und Vance Joy oder Bands wie Bring me the Horizon und Placebo.

Shooting für ein Cover // Meine wunderbar sozialen Mitbewohner.


Seine Welt ist meistens so komplett weit weg von unserer, und gerade deshalb verstehen wir uns sehr gut. Er ist oft genervt von der Oberflächlichkeit seiner zweiten Heimat Los Angeles und deren Bewohnern, und hat unzählige gute Stories und Anekdoten auf Lager. Wer mal reinschauen möchte: Max Fairclough Instagram oder Website. Leider hatte ich bisher noch keine Gelegenheit, ihn auf Shoots zu begleiten, hab aber schon einige kleine Privatlektionen bekommen in Sachen Fotografie. (Was aber meist wenig Sinn macht, weil seine Profi-7000$-Kamera natürlich millionenfach mehr kann als meine. Er ist trotzdem der Ansicht, dass Equipment viel weniger wichtig ist als Blick und Licht. Mal sehen, was ich - außer einem ehrlichen Lob für einige meiner Bilder - noch mitnehmen kann!)


Leider habe ich aus mir unerfindlichen Gründen meine Kamera weder in die State Library of Victoria noch in die National Gallery of Victoria mitgenommen. Ersterer Besuch war schon lange überfällig, und in dieser großen, kreisförmigen Halle der ältesten Bücherei Australiens hab ich mich fast gefühlt wie in Hogwarts. Die Kombination aus typischer Bücherei-"Stille" und vielen Studenten, dazu gleichzeitig dutzende rücksichtsvolle Touristen, die alle mehr oder weniger die gleichen Fotos schießen...

Verbunden mit einer Ausstellung über die Geschichte des Buches inklusive uralter Exemplare ist die "State Vic Library" ein ziemlich beeindruckender Ort, an dem ich noch ewig hätte bleiben können.

"The Dome" // Ex-Arbeitskollegin Karolina aus Polen

Noch mehr Kultur - aber auch noch deutlich mehr Bier - gab es an meinem ebenfalls lange aufgeschobenen NGV-Abend. Zusammen mit zwei Arbeitskollegen Lewis und Tom von Ponyfish ging es zur Ausstellung "Escher x Nendo" in der National Gallery of Victoria. Im Gegensatz zur Bücherei leider nicht kostenlos, aber jeden Cent wert! Escher ist bekannt für seine optischen Täuschungen- viele seiner Werke kennt man sogar als relativer Kunstbanause wie ich - und die ganze Atmosphäre an diesem Freitagabend-Special-Event war ziemlich ausgelassen und enthusiastisch.


Obwohl wir jenseits unserer "Bucketlist" fast jeden Cent für unsere Weiterreise ansparen, gab es dann doch noch ein kleines Abenteuer auch für Mauro, wenn auch nicht ganz so kulturell anspruchsvoll möchte ich mal sagen.

Kurz nachdem wir aus dem Strandhaus im Süden auszogen, fand der "Formel 1 Grand Prix" praktisch direkt daneben statt. Die Qualifications besser gesagt exakt an dem Tag, als wir unsere Fahrräder noch von dort holen wollten. Magisch angezogen von den lärmenden Motorengeräuschen steuerte Mauro auf das natürlich sorgfältig gesicherte Gelände zu und bevor ich wusste, wie mir geschah, stand er schon in der Kassenschlange. Nur um sich mal "zu informieren"...

Nach einem kurzen Plausch mit der Dame im Kassenhäuschen ("Yes, wenn man früh genug kommt, sieht man auch mit dem General Access-Ticket genug vom Rennen!") und einen zweifelnden Blick auf's Konto ("Hm, naja, ein Ticket wäre machbar...") stand plötzlich ein über beide Ohren grinsender Mauro vor mir. Natürlich hatte er schon Wochen vorher gewusst, dass an jenem Wochenende die Formel-1 Saison in Melbourne starten würde. Da er aber zu dem Zeitpunkt noch voll ausgelastet mit Schichten im MOVIDA war, bestand fast keine Chance für ihn, hinzugehen. Tja, hat wohl auch was Gutes, so eine temporäre Arbeitslosigkeit.

One happy boy. Außer diesem Schnappschuss gibt es praktisch nur laute, hektische Videos, die ich euch hier ersparen will.


Einen weiteren Punkt auf unserer Liste konnten wir ebenfalls endlich abhaken: vielleicht erinnert sich noch jemand an das unglaublich gute peruanische Restaurant, welches damals geschlossen war und weshalb wir und damit auch Mauro überhaupt erst im MOVIDA gelandet ist. Mit wem ist es besser, in Australien südamerikanisch essen zu gehen als mit Freunden, die man 2015 während einer Chile-Rundreise kennen gelernt hat?! Amanda und Scott kommen eigentlich aus Neuseeland und haben fünf Jahre in Melbourne und nach Chile fast zwei Jahre in London gewohnt. Dort sollten wir sie "auf jeden Fall besuchen kommen, es ist ja so nah!", haben es aber natürlich nie hingeschafft. Jetzt, am anderen Ende der Welt, hatten wir zwei wunderbare, relativ spontane Treffen und haben uns auch nach vier Jahren so gut verstanden wie damals in der staubigen Atacama-Wüste. Und wie sollte es anders sein - in ihrem Zuhause in der "Bay of Plenty" in Neuseeland sind wir auch jederzeit willkommen. Ich hoffe, dieses Mal können wir die Einladung annehmen!

Selfie in der berühmten AC/DC - Lane! // Typischer Melbourne-Brunch zwei Tage später.

Aber jetzt geht es erstmal ab nach Westen auf die Great Ocean Road...und dann gen Osten Richtung Sydney...und anschließend Norden, immer der Sonne nach...je nachdem wie lange uns das Geld reicht und wir Lust auf entweder viel zu kalte oder viel zu heiße Nächte, Moskitos und Campingstuhlromantik haben. Wir freuen uns unglaublich drauf!


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