Ich nehme folgendes vorweg: die Great Ocean Road ist sicher wunderschön, idyllisch und entspannend. Wenn man a) ab und zu mal in dieses wunderschöne Wasser überall reinkann, weil man b) surft oder c) es nicht so a****kalt ist, oder wenn man d) ein größeres Budget hat als wir. (Und momentan ist wahrscheinlich jedes Budget größer als unseres.)
Wir hätten während dieser paar Tage beinahe schon alles über den Haufen geworfen um auf direktem Weg nach Sydney zu fahren. Wollten wir aber dann doch nicht, weil wir von Zoe und Leigh auf deren Anwesen auf der Mornington Peninsula eingeladen worden waren (Halbinsel südöstlich von Melbourne), aber dazu später.
Die Great Ocean Road ist eine der beliebtesten Touristenattraktionen Australiens (!) und zieht sich knappe 250km westlich von Melbourne an der Küste entlang, durch Nationalparks und kleine Orte hindurch. So viel zu den Facts. Obwohl wir sinnvollerweise das Osterwochenende mitten im Wald statt an der Küste verbracht hatten, ist hier anscheinend nie Nebensaison. Das merkten wir schon, als wir am ersten Tag von Port Campbell aus einfach mal ein bisschen auf und ab fuhren. Ein riesiger Reisebus nach dem anderen, die ihren Inhalt an den verschiedenen Highlights ausspuckten: Loch Ard Gorge, Twelve Apostles, London Bridge, The Arch …alles wunderschöne Sandsteinfels-Formationen, von der Erosion geformt und sich ständig verändernd.
Mauro genervt von Touri-Massen und Selfiesticks. // The Grotto.
Durch diesen ersten Eindruck wurde unser Plan nur noch bestärkt, den Wecker vom Tag davor direkt auf „zwei Stunden vor Sonnenaufgang“ gestellt zu lassen. In Port Campbell zahlten wir das erste Mal ein paar Dollar für unseren Stellplatz und standen dafür dann eine umweltunfreundliche Ewigkeit unter der heißen Dusche.
Mittwoch, 24. April. Port Campbell - Johanna Beach
Voller als erwartet. Saumäßig kalt. Aber vor allem atemberaubend schön. Damit lässt sich unser Start in den Tag am besten beschreiben. Nach nur zehn Minuten Fahrt kamen wir um ca. 6 Uhr bei den „Twelve Apostles“ an und auf dem Parkplatz war trotz der Uhrzeit schon überraschend gut Betrieb. Vor allem Fotografen samt sämtlicher Ausrüstung waren auf den Aussichtspunkten vertreten, sodass ich mir mit meiner süßen Canon 600D ein bisschen hilflos vorkam. So ganz wusste ich nicht, wie ich den traumhaften Himmel in allen Farben, die massiven Sandsteinfelsen in der Brandung und die kontrastreiche Küste bei noch so wenig Tageslicht festhalten sollte.
Was macht man also? Linst über Schultern, schaut sich Kamera-Einstellungen ab und stellt das gute Stück aus Ermangelung eines Stativs auf den Holzzaun:
Bibbernd vor Kälte machen wir uns ziemlich bald wieder auf den Rückweg zu Lola, während immer mehr Touristen und Fotografen anströmten. (Die hatten aber das Beste zu dem Zeitpunkt schon verpasst…)
Mit der Heizung auf Anschlag legten wir einen kurzen Abstecher zur noch wunderbar ruhigen Loch Arg Gorge ein. Hier ist 1878 ein Klipper namens Loch Ard gesunken, nach drei Monaten Überfahrt von England nach Melbourne, also ganz nah am Ziel. Der nächtliche Nebel hatte alle Felsformationen umhüllt und als er sich lichtete, war es schon zu spät. Die einzigen Überlebenden, die sich an exakt dieser kleinen von Felsen umschlossenen Bucht an Land retteten, waren ein 18-jähriges irisches Mädel und ein ebenso alter Schiffsjunge. Er rettete ihr sogar das Leben! Wer jetzt an den Beginn einer wunderbaren Liebesgeschichte denkt: nee, zum „Dank“ machte sie sich praktisch direkt danach wieder auf nach Irland. No Happy End. Aber hey, die zwei Felsenpfeiler sind immerhin heute nach den beiden benannt!
Wir folgten dem Tip einer Ex-Mitbewohnerin und steuerten nach einiger Zeit durch Koala-bewohnte Wälder wieder die Küste Richtung Johanna Beach an. Eigentlich nur als Zwischenstop geplant, waren wir dann aber so müde, dass wir nach einem ausgedehnten Nickerchen entschieden, einfach dazubleiben. Die salzige Meeresbrise und fast mystische Stimmung und Ruhe lullten uns förmlich ein…
Meerblick aus dem Van raus. // Johanna Beach // Sanftes Abendlicht nutzen.
Donnerstag, 25. April. Johanna Beach -> Lorne
Was für ein bescheuerter Tag. Obwohl er mit Yoga am Strand bei tosendem Wellengang gefolgt von deftigem Frühstück eigentlich gut losging… Um es kurz zu machen: die „süße Küstenstadt“ Lorne ist völlig überbewertet, der Supermarkt dort unfassbar teuer, es war schon wieder ein nationaler Feiertag, die erste free Campsite im Wald überraschend geschlossen, die zweite schön, aber regnerisch. Unser Abendessen bestand vor lauter Faulheit aus Schokolade und Chips, wir waren ungefähr um 9 Uhr im Bett, nach einem Streit und einer Versöhnung. Muss es auch geben.
Freitag 26. April. Lorne -> Geelong
Tja, so richtig „awesome“ lief es heute wieder nicht. Hoffnungslos frierend verließen wir die Campsite noch vor dem geplanten Pancake-Frühstück. Ab Richtung Küste & Sonne!
So der Plan. Jedes Mal, wenn wir dort nämlich einen schönen Platz zum Anhalten und Kochen gefunden hatten, fing es genau in dem Moment wieder das nieseln und stürmen an. Saßen wir wieder im Auto, Zack, strahlender Sonnenschein. So richtig ekelhaft wurde es schließlich, als wir uns in die Autoschlange zur „Rip Curl Surf-Championship“ am nächsten sehr berühmten Surfer-Strand einreihten, wo ich schon die ganze Zeit hinwollte.
Endlich bei den Einweisern angekommen, hieß es dann nur „No more tickets, sorry mate“.
Einen frustrierten Strandspaziergang später kehrten wir der Great Ocean Road endgültig den Rücken zu und fuhren weiter nach Geelong, einer relativ hässlichen Stadt kurz vor Melbourne.
Wir hatten keine Lust mehr, uns war kalt und wir wollten uns einfach nur drei Stunden ins dortige Kino setzen. Und vorher noch schnell bei Aldi Vorräte aufstocken.
Nur Lola hatte jetzt plötzlich auch keine Lust mehr, und sprang einfach nicht mehr an. Batterie leer? Nope, der Überbrückungsversuch mit einem netten, hilfsbereiten Aussie brachte nichts. Ein älterer Herr beobachtete die Situation und bat uns freundlich an, er könne uns nach Hause fahren, wo wir denn lebten. Vielen Dank, sehr nett, aber wir müssen wohl oder übel auf dem Aldi-Parkplatz übernachten, diese weiße störrische Blechkiste ist aktuell unser Zuhause.
Während ich also verzweifelnd auf dem Fahrersitz rumsaß, machte Mauro das Einzige, was ihm Freitag Abend noch einfiel: Google fragen. Und dann fing er an, unter meinem skeptischen Blick wild auf unserem Motor rumzuhämmern. Mit dem Camping-Hammer, den ich zehn Minuten vorher noch als völlig sinnlose Anschaffung bezeichnet hatte. Und was soll ich sagen…plötzlich sprang Lola an. Wieder was gelernt.
(Wer wissen will, warum: Ihr Anlasser/starter motor ist ein bisschen altersschwach und der verbaute Magnetschalter klemmt ein wenig. Um die Verbindung zwischen Starterbatterie und Motor herzustellen und damit den Van zu starten, reicht es oft, ein bisschen auf den Anlasser drauf zu hämmern, um den Schalter zu lösen. Verschwinden tut das Problem damit natürlich nicht…)
Mehr als erleichtert und ungläubig also ab ins Kino, und danach auf die Rest Area direkt am Freeway. Weniger idyllisch als bisher, aber zweckgemäß und eben auch oft Teil des „Vanlifes“…
Samstag, 27. April. Geelong -> Melbourne
Eigentlich wollten wir Melbourne weitläufig umrunden. Auf keinen Fall hatten wir geplant, nochmal reinzufahren. Alle Abschiede lagen hinter uns, nichts erwartete uns dort noch.
Andererseits konnten wir erst Sonntag zu Zoe und Leigh auf die Mornington Peninsula, Melbourne liegt „direkt auf dem Weg“ und die Aussicht auf eine heiße Dusche bei unseren ehemaligen Mitbewohnern lenkte uns dann doch wieder in diese verdammt tolle Stadt. Noch während wir über den für uns wieder ungewohnt stressigen Stadtverkehr stöhnten und uns fragten, warum wir uns das antaten, kam uns eine Idee. Warum nicht versuchen, wenigstens eine sogenannte spontane „Rockstar-Schicht“ in irgendeiner Bar zu ergattern? Samstag Abend, keine Pläne, einen Versuch ist es wert.
Dass wir mit ein bisschen Einsatz gleich beide für ein paar Stunden arbeiten durften, und das für gutes (Bar-)Geld, hätten wir dann doch nicht erwartet. Dass der dritte Barkeeper, den die Bar super-spontan und völlig verzweifelt weil heillos unterbesetzt reinholte, auch noch mein Ex-Ponyfish-Kollege Lewis war, noch weniger. Dass wir fast unseren gesamten Lohn noch in der gleichen Nacht für Drinks und den einen Techno-Club ausgaben, in den wir seit Dezember rein wollten, war jetzt nicht so überraschend.
Und praktisch mitten auf der Partymeile in der Straße, in der wir zuletzt gewohnt hatten, in unserem Van zu pennen, das war zugegeben ziemlich cool. Alles in allem ein ziemlich verrückter Abend, der uns aber endgültig mit Melbourne und für’s Erste auch mit „Feiern gehen“ abschließen ließ.
Melbournes "Pink Lake" // Fotoautomat mit Zee und Lewis.
Sonntag, 28. April. Melbourne -> Mornington Peninsula
Entsprechend Citylife-übersättigt machten wir uns am Sonntag nach einer Runde Waschsalon und einem letzten Besuch in der Bennett Street auf den Weg zu unseren neuen Freunden Zoe und Leigh. Fast wären wir da nicht angekommen, Mauro schaffte es nämlich, an der ersten Ampel den Motor abzuwürgen und jetzt hatte Lola trotz allen Hämmerns und Klopfens endgültig keine Lust mehr. Die Autos hinter uns hupten und umfuhren uns genervt, ich drehte panisch den Zündschlüssel, Mauro hämmerte wie wild, Lola bockte. Endlich half uns ein älterer Herr, den Van wenigstens zur Seite zu schieben und wünschte uns noch viel Glück. Ja, danke. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ sich Lola dann doch noch dazu herab, ein letztes Mal anzuspringen, und wir fuhren ohne Pausen auf aller-direktestem Wege gen Halbinsel.
Was uns dort erwartete, packe ich in den nächsten Eintrag…
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